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Dein Unternehmen bootstrappen oder mit Investoren starten?

Geschrieben von Mo
Jan 19
Tags: Bootstrapped, vs., Investors, Technology, Cycling, Sports, Blog, Binando, #mo, #moritzpfeiffer
10 min lesen

Inhalt:

Dies ist eine häufig gestellte Frage im Startup-Ökosystem-Umfeld und ist nicht einfach zu beantworten, aber ich werde versuchen, mit meinen gemachten Erfahrungen einen Überblick zu geben, was wichtig sein kann. Oftmals hängt die Frage von deinem geplanten Geschäftsmodell ab und in welchem Bereich du dein Unternehmen gründen möchtest.

Bootstrapped bedeutet, dass du dein Unternehmen von Anfang an mit den Einnahmen finanzieren kannst, die dein Unternehmen erzielt, und einige „Durststrecken“ mit deinem eigenen Geld, das du auch von Family & Friends haben kannst, zwischenfinanzieren kannst.

Bei Investoren erhältst du Geld z.B. von Business Angels oder Venture Capital Unternehmen, um das Unternehmen starten zu können, wenn es nicht von Anfang an mit Einnahmen finanzierbar ist. Ich würde sagen für Investoren ist es übertrieben gesagt eine Wette auf die Zukunft in der Hoffnung, dass das Unternehmen in 5 – 7 Jahren 10-mal mehr wert ist als zu Beginn.

Geplante Branche deines Unternehmens

Es gibt viele Schlagworte wie Smart City, Industry of Things, Industry 4.0, Automatisierung, Machine Learning, Artificial Intelligence, Smart Agriculture und so weiter. Das alles hat etwas mit Digitalisierung zu tun. Aber natürlich kann man Unternehmen nicht nur in solchen "gehypten" Bereichen gründen, sondern auch ein Unternehmen als Handwerker, Elektriker, Automechaniker, Zahnarzt oder Autor gründen. Denn das sind wahrscheinlich auch Bereiche, die eine gesicherte Zukunft haben. Jeder benötigt solch ein Angebot und sie werden höchstwahrscheinlich nicht in naher Zukunft durch Roboter oder ähnliches automatisiert werden können.

Im Folgenden möchte ich drei Beispiele für verschiedene Bereiche geben, in denen man ein Unternehmen gründen kann und was das für den jeweiligen Kapitalbedarf in den ersten Tagen, Monaten und Jahren bedeutet.

Handwerker

Ein Handwerker kann sein gesamtes Geschäft alleine erledigen, wenn er eine Ausbildung abgeschlossen oder einen Meister erlangt hat. Er braucht wahrscheinlich keine Unterstützung, um eine komplexe Technologie zu entwickeln oder eine Hardware aufzubauen. Vielleicht wäre es gut, einen Softwareentwickler anzuheuern, um eine schöne Website zu erstellen und seine Dienste den Menschen in seinem Gebiet anzubieten. Aber es gibt Dienste wie Jimdo oder Wix, bei denen jeder, der einen Computer oder ein Smartphone bedienen kann, eine schöne und einfache Website erstellen kann. So sollte es kein Problem sein, eine gewisse Nachfrage auf dem Markt zu erzeugen, um ein Unternehmen wachsen zu lassen, auch die Mund-zu-Mund-Propaganda durch Familie und Freunde könnte dabei helfen. Die größte Investition ist wahrscheinlich in Werkzeuge und Instrumente, die er benötigt, damit er seine Arbeit erledigen kann. Wenn das Geschäft boomt und die Nachfrage nicht mehr allein gedeckt werden kann, wäre es natürlich sinnvoll, andere Handwerker einzustellen und ein noch größeres Unternehmen aufzubauen. Aber wahrscheinlich ist in dieser Art von Geschäft keine (größere) Anfangsinvestition notwendig, damit man sein Geschäft starten kann, und es ist sicher vorteilhaft, hier aus seinem eigenen Cashflow zu wachsen.

E-Commerce

Um ein E-Commerce-Unternehmen zu gründen, braucht man wahrscheinlich eine Website, auf der man die Waren verkaufen kann, die man den Menschen anbieten möchte. Es muss sich zu Beginn nicht um eine komplett individualisierte und perfekt entwickelte Website handeln. Es kann hilfreich sein klein anzufangen, um die Ideen die man hat und warum Leute von dir kaufen sollen zu validieren. Es gibt auch Dienste, mit denen man einfach einen Online-Shop starten kann wie beispielsweise Shopify oder Woocommerce, das Wordpress zu einem voll nutzbaren Web-Shop erweitert. Sobald die erste Traktion ersichtlich ist, kann man auch damit beginnen, mehr Geld in den "eigenen, perfekten E-Commerce-Shop" zu investieren. Aber die Frage ist, ob man es von Anfang an perfekt haben muss, und heute würde ich eher nein sagen.

Das Wichtigste ist nicht die Technologie oder ein schönes Design von etwas, es ist vielmehr der perfekte Produkt-Markt-Fit. Wenn man den schönsten Shop hat, aber niemand weiß, warum er bei dir einkaufen sollte, dann kann man Kunden eventuell mit Google- oder Facebook-Anzeigen einkaufen, aber die Frage ist, ob das für die Zukunft nachhaltig funktioniert. In dieser Branche muss man definitiv immer die CAC (Customer Acquisition Costs) und den CLV (Customer Lifetime Value) genau kennen. Wenn man diese beiden Zahlen (und die Organisation) vollständig im Griff hat, dann sollte es in der Theorie einfach funktionieren, z.B. 10m€ „vorne reinpumpen“ und 15m€ „hinten wieder rausbekommen“. Aber ich würde vorschlagen, eine Idee in diesem Bereich zu bootstrappen, bis man wirklich sicher ist, dass man den richtigen Markt, die richtigen Produkte zum Verkauf hat, die ersten wachsenden Verkäufe feststellt und seine KPIs kennt. Dann wird man automatisch Investoren anziehen, um groß zu skalieren.

Internet der Dinge (IoT)

Normalerweise benötigen Unternehmen oder Start-ups in diesem Bereich Soft- und Hardwaretechnologie, um zu starten. Das ist am Anfang eher eine große Sache gegenüber dem, wenn man z.B. „nur“ Software von Anfang an benötigt. Ich würde sagen, ein normales IoT-Produkt sieht folgendermaßen aus: es gibt ein Stück Hardware, das etwas misst und diese Daten an einen Server sendet, dort werden die Daten gespeichert und den Kunden visualisiert, und am besten schafft man noch einen Mehrwert für die Kunden durch Aufbereitung der Rohdaten. Aber wie man hier sehen kann, benötigt man für solch ein Produkt sehr unterschiedliches Wissen, wie:

  • Allgemeine Softwareentwicklung mit Kenntnissen im Gerätemanagement
  • Data Science
  • Hardwareentwicklung mit Kenntnissen in der (drahtlosen) Kommunikation

Um im IoT-Bereich ein MVP (minimal tragfähiges Produkt) erfolgreich aufzubauen, bräuchte man wahrscheinlich zwei bis drei Leute, die einige Zeit daran arbeiten, um einen Proof of Technology zu erbringen. Dann sind diese Jungs normalerweise nur Tech-Personen, so dass man noch keine Business-Personen an Bord der Firma hat. Also würde dieses Gründungsteam etwa 4 bis 5 Personen oder mehr umfassen, wenn man den ersten Prototyp komplett selbst bauen möchte. Oder man benötigt etwas Geld für den Anfang, um die richtigen Leute für einige Aufgaben bezahlen zu können. So haben wir es bei Binando gemacht: wir haben als ein Business- und ein Tech-Gründer begonnen. Ich, als technischer Gründer, konnte aber nur den gesamten Softwareteil abdecken, da ich vorher sehr wenig mit Hardware zu tun hatte. So haben wir von Anfang an ein geringes 6-stelliges Investment bekommen, um die ersten Prototypen und ein MVP mit fremden Ressourcen zu erstellen, um unsere Idee zu validieren.

Eine Alternative zu diesem Ansatz wäre es, zu Beginn zahlenden Kunden Dienstleistungen wie z.B. Software- oder Hardwareentwicklung anzubieten und zu versuchen, etwas Geld zu sparen, damit man damit später die richtigen Leute einstellen kann. Aber hier besteht auch das Risiko, dass man den Fokus auf die ursprüngliche Idee verliert und zukünftig eher wie eine Dienstleistungsagentur arbeitet. Aber es gibt einige Beispiele, die gezeigt haben, dass man nicht unbedingt eine Anfangsinvestition benötigt, um ein komplexes Produkt zu entwickeln.

Dies sind natürlich nur drei von mir ausgewählte Beispielsektoren, um dir einen besseren Überblick darüber zu geben, was die wichtigsten Herausforderungen sein könnten, die man zu Beginn einer Unternehmensgründung in Bezug auf Geld erleben könnte.

Vor- und Nachteile von Bootstrapping im Vergleich zu klassischen Investoren

Wie so oft hat jede Entscheidung und jeder Weg seine eigenen Vor- und Nachteile. Beginnen wir mit Bootstrapping. Wenn dein Unternehmen funktioniert und du aus deinem eigenen Cashflow wachsen kannst, ist das eine sehr schöne Sache. Denn 100% deines Unternehmens gehört dir (oder dir und deinen Mitgründern). Man hat alles selbst in der Hand und kann allein entscheiden, was man für sein Unternehmen für das Beste hält. Auf der anderen Seite ist es normalerweise sehr schwierig, große Schritte zu machen, wenn man komplett bootstrapped ist. Außerdem dauert es normalerweise lange, bis das Unternehmen wächst. Deshalb schreiben viele Geschäftsmodelle anfangs Verluste und erst nach wenigen Jahren werfen sie wachsende Gewinne haben. Dennoch gibt es genügend Beispiele, bei denen man sehen kann, dass es auch schön ist, aus dem eigenen verdienten Geld langsamer, aber nachhaltig zu wachsen.

Ich habe von vielen Leuten gehört, die nicht aus dem Startup-Ökosystem-Bereich sind: „Wow, du hast jetzt eine Investition von einem großen Unternehmen bekommen? Cool, dann musst du jetzt Millionär sein (oder spätestens in ein paar Jahren)“. Nein, so funktioniert es definitiv nicht. Unternehmertum allgemein ist ein sehr langer und steiniger Weg und es ist nicht einfach. Auch nach Jahren weiß man vielleicht nicht, ob es am Ende ein Success oder eine Fuckup-Story sein wird, aber das ist eben Entrepreneurship. Man benötigt den richtigen Fokus, die richtige Leidenschaft und das richtige Umfeld, um als Leader nicht aufzugeben und immer voraus zu gehen. Auch wenn man Geld von Investoren einsammelt, muss man sich oft Sorgen um Geld machen und darum wie lange sein Unternehmen überleben kann. Hoffentlich lange genug, um die nächsten Meilensteine zu erreichen, um mehr Einnahmen zu erzielen oder neues Geld zu beschaffen. Außerdem ist ein berühmtes Zitat an dieser Stelle: "Du wirst Geld bekommen, solange die Leute an deine Vision glauben". Es gibt genug Beispiele von Unternehmen, die zu Unicorns wurden (Wert des Unternehmens mehr als eine Milliarde), ohne einen einzigen Euro zu verdienen. Aber ist das ein erstrebenswertes Ziel? Ja, sicher für einige Leute ist das große Geld sehr wichtig. Aber meiner Meinung nach ist ein nachhaltiges Unternehmen wichtiger, um etwas in der Welt zu verändern (zumindest ein wenig) und guten Menschen die Chance zu geben, dir und deinen Träumen zu folgen und zu helfen, etwas Großartiges aufzubauen. So werden bei sehr vielen Geschäftsmodellen Millionen investiert in der Hoffnung das Geschäft später profitabel betreiben zu können. Aber dies ist längst nicht sichergestellt. Wenn man Investitionen von Business Angels oder Venture Capital Firmen oder ähnlichem im Unternehmen hat, wollen diese immer gute Fortschritte und so weiter sehen. Man wird regelmäßige Investorengespräche haben und man muss sich meist rechtfertigen, was und warum man hier und da investieren muss.

Das schlimmste Szenario könnte sein, dass du als Gründer davon überzeugt bist, dass du etwas bestimmtes tun musst, ansonsten besteht die Möglichkeit, dass ein wichtiges Projekt oder sogar das komplette Unternehmen fehlschlägt. Falls deine Investoren genügend Anteile am Unternehmen besitzen und sie eine andere Meinung haben, dann könnten sie so wichtige Entscheidungen einfach blockieren. Glücklicherweise habe ich solche Dinge in der Vergangenheit nicht erlebt und werde sie hoffentlich auch in der Zukunft nie erleben. Ich habe auch die Meinung, dass man über alles reden und Menschen mit guten Argumenten überzeugen kann, aber man weiß nie, was alles passieren könnte.

Wie ich eingangs sagte, gibt es nicht den einen weisen Weg. Stattdessen gibt es viele verschiedene Wege nach Rom. Am besten ist es, den besten Weg zu finden, abhängig von deinem persönlichen Werdegang, dem geplanten Geschäftsmodell und deiner Idee. Für mich kann ich bisher sagen, dass ich zufrieden bin, wie wir in der Vergangenheit mit (Link: https://binando.com Text: Binando) vorgegangen sind. Natürlich gab es viele Höhen und Tiefen, aber im Allgemeinen ist die Richtung meiner Meinung nach die Richtige. Aber wenn ich die Chance hätte, ein neues Unternehmen zu gründen (vielleicht irgendwann in der Zukunft), würde ich wahrscheinlich versuchen, am Anfang so lange wie möglich zu bootstrappen. Hoffentlich so lange, bis ich definitiv einen geeigneten Produkt-Markt-Fit gefunden habe. Denn dann ist man über die ganzen "wir sind uns nicht sicher, ob der Kunde es wirklich benötigt" und "ist es der richtige Markt, der richtige Zeitpunkt" Fragen hinweg. Dann kann man sich nämlich sicher sein, dass man das richtige Produkt für die richtigen Kunden und hoffentlich in einem großen Markt gefunden hat. Wenn du in dieser Fragenphase zu Beginn eines Unternehmens Investoren in deinem Unternehmen hast, kann es manchmal sehr herausfordernd sein und du brauchst viel Fingerspitzengefühl ;-)......

Wenn du eine andere Meinung dazu hast, es einfach bestätigen kannst oder ganz andere Möglichkeiten siehst, ein Unternehmen hinsichtlich des notwendigen Kapitals zu starten, würde ich mich natürlich freuen, davon zu hören!


Hoffentlich war der Beitrag für dich interessant und du hast es genossen, ihn zu lesen! Eine gute Zeit bis zum nächsten Post, der nächsten Monat veröffentlicht wird und bis dahin gutes husteln, entspannen, chillen, sporteln, auf Reisen gehen oder was auch immer du vorhast!

Alles Gute – Mo ❤

PS: Wenn du Fragen, Anregungen, Kritik, eine Idee für ein tolles neues Thema hast oder einfach nur eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wein trinken möchtest oder mit mir gemeinsam trainieren möchtest, dann zögere bitte nicht mich zu kontaktieren.


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